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€ 25.00
ISBN 978-3-903460-35-5
ca. 260 Seiten
gebunden mit SU und Leseband
Das Leben ist ernst
Jonathan, Sohn eines bekannten Wiener Schauspielers, und Sebastian, wohlstandsverwahrloster Spross einer alteingesessenen Kaviardynastie, werden Freunde. Jonathan wird in die Familie aufgenommen und auf deren Anwesen in Südfrankreich eingeladen. Bald merkt er, was sich alles hinter der streng katholischen Reichtumsfassade der allerdings nicht unoriginellen Familie verbirgt. Als sich der Verdacht bezüglich eines Familiengeheimnisses verhärtet, eskaliert die Situation.
Der Bezirk Döbling ist bis heute ein eigenwilliges Wiener Biotop: ein wenig Münchner Grünwald, ein Hauch von Monarchie, eine Vielzahl Jahrhundertwendevillen und protzige Neubaukomplexe und dazwischen typische Wiener Gemeindebauten der Nachkriegszeit. In diesem Spannungsfeld wächst Jonathan in den 1980ern auf. Seinen Vater kennt man als Schauspieler einer großen Wiener Bühne, seine Mutter ist Autorin, fl amboyant, platzgreifend und den Sohn bis zur Grenzüberschreitung vereinnahmend.
Jonathan lernt im Gymnasium den aus reichem Haus stammenden Sebastian kennen,
er fühlt sich von ihm angezogen und abgestoßen zugleich, besonders von dem Zynismus, der Drogensucht, der körperlichen Attraktivität und Arroganz Sebastians. Schnell werden die beiden Freunde und Jonathan taucht in Sebastians Welt ein. In dem ambivalenten Verhältnis zwischen Jonathan und dem Freund existieren eigentümliche Parallelen zu Jonathans Vater, dem Schauspieler Ernst Scheiner. Dieser hatte damals in der Kriegsgefangenschaft mit einem älteren Kameraden Ähnliches erlebt.
Beim Begräbnis des frühzeitig an einem Herzinfarkt verstorbenen Ernst kommt es
zum Wiedersehen zwischen Jonathan und dessen ehemaligem Schulfreund Sebastian.
Der Fette mit der Pullmankappe schwitzte. Er hatte eine Abkürzung zwischen den eng gewundenen Gehwegen genommen und lauernd auf den Trauerzug gewartet. Es war perfektes Timing, als er – angesichts seines massigen Leibes überraschend behände – hinter einem Grabstein hervorsprang. Einen Augenblick lang starrte Jonathan in das Objektiv der auf ihn gerichteten Videokamera wie das Reh auf der Schnellstraße in den Lichtkegel eines Autoscheinwerfers. Er wollte sich auf den Rotgesichtigen stürzen, ihn würgen oder anspucken, war aber paralysiert. Hass und Trauer ergeben Ohnmacht. Er, seine Mutter und sein älterer Bruder Niki waren zu stummen Edelkomparsen in einem Homevideo degradiert. Die virtuellen Giftpfeile, die Jonathan abfeuerte, verfingen nicht, die Pullmankappe grinste hämisch. Er hatte seinen Moment für die Ewigkeit auf Band: Almerie Scheiner, die trauernde Witwe des verstorbenen Fernsehstars als Cheftragödin – abgefüllt mit Cognac und Tranquilizern – und seine beiden Söhne Nikolaus und Jonathan als schicksalsergebene Lämmer hinter dem Sarg des toten Schauspielers. Der Himmel an diesem viel zu warmen Oktobertag des Jahres 1986 blitzte in makellosem Technicolor-Blau wie aus einer Filmschmonzette der Fünfzigerjahre, die angrenzenden Weingärten glühten in herbstlichem Rot. Kaiser-Franzl-Wetter. Entlang schmiedeeisenverbrämter Mausoleen, prunkvoller Grabmäler und marmorner Engel des Grinzinger Friedhofs ringelte sich eine kaum überblickbare Menschenschlange in eiserner Hierarchie. Vorne die hinterbliebene Familie, ihr auf den Fersen ein paar Honoratioren der Republik, dahinter ein Pulk in Lodengrün: die Döblinger Regimenter, hohe Beamte, Erbinnen und Hobbyjäger. Die eigentliche Jagdgesellschaft aber war das Fußvolk: 2.000 Menschen, hauptsächlich Frauen in orthopädischem Schuhwerk, siech, gebückt und doch triumphierend. Ihr Idol wurde zu Grabe getragen. Sie hatten es um Jahrzehnte überlebt.
»Die schönste Stimme Österreichs – für immer verstummt.« Fast alle Zeitungen hatten ihre Nachrufe in diesem Tenor verfasst. Verstummt mit sechzig. Nicht frei von Pathos, aber angemessen, fand Jonathan. Er hoffte, solche Zeilen würden den Ruhm des Vaters ein wenig konservieren, ihn lebendig halten wie eine Herz-Lungen-Maschine. Und sei es nur ein paar Tage lang. Ernst Scheiner: Seine Stimme und sein Name wurden fast immer in einem Atemzug genannt. Tatsächlich war seine Stimme viel größer als er selbst. Jonathan fragte sich, wie ein so schmächtiger Körper eine derartige Resonanz erzeugen konnte. Zu Hause tönte der Vater ganz anders; wohl konnte er donnern, wenn ihn die Tobsucht packte, doch das hatte nichts mit seiner Bühnenstimme zu tun. Die war ein reines Kunstprodukt, abrufbar im Augenblick – unerklärlich, von welch geheimnisvollem Ort sie kam. Das Publikum war süchtig nach dieser Stimme, man konnte sie trinken wie süßen türkischen Kaffee oder schweren Rotwein. Man konnte sich in diese Stimme verlieben, weil sie Sehnsucht weckte und Phantasien, losgelöst von dem Mann, der sie modulierte und zum Schwingen brachte wie ein kostbares Instrument. Ernst Scheiner empfand die Liebe seines Publikums nicht als Geschenk, sie war ihm Überforderung, er fand, sie gebühre ihm nicht. Wenn er um Autogramme gebeten wurde, stürzte ihn dies in Verlegenheit. Es fiel ihm schwer, vom Publikum das anzunehmen, was seine Mutter ihm immer verwehrt hatte.
***
Die Tropfen fielen zischend auf die Platte des Sparherds, tänzelten ein paar Sekunden darauf, um sich in Dampf aufzulösen. Der fünfjährige Ernstl saß in Unterwäsche vornübergebeugt auf dem Küchenschemel, die dürren Arme um seine Knie gelegt. Mit jedem Zischen zuckte er zusammen, wurde an sein Vergehen erinnert und fürchtete eine weitere kräftige Ohrfeige. Ernstls Mutter Franziska, von allen Franzi genannt, hatte seine triefend nasse Kleidung zum Trocknen auf der Holzstange über dem Herd aufgehängt. Schon eine kleine quälende Ewigkeit lang sprach sie kein Wort mehr. Dass seine kurze Hose und die Kniestrümpfe nass geworden waren, lag an Ernstls Sehnsucht – einer für einen Fünfjährigen seltsam intensiven Sehnsucht nach Ferne. Nach dem Anderswo. Die Familie lebte am Ufer des Wienflusses, an der großen Ausfahrtsstraße nach Westen, an deren Ausläufer einige Jahre später die Autobahn gebaut werden sollte. Ernstl träumte von Paris. Den Eiffelturm hatte er auf einem Bild in einer Zeitschrift seiner Mutter gesehen, so viel architektonische Kühnheit konnte er gar nicht glauben. Er wusste, dass Paris im Westen lag und der Fluss aus westlicher Richtung angekrochen kam. Jedes Mal wenn er ein paar hundert Meter dem Ufer entlangstreifte, fühlte er sich seinem Sehnsuchtsort, fühlte er sich Paris ein wenig näher. Doch an diesem Tag war es das Wasser, dem er viel zu nah gekommen war.
Franzi hantierte mit dem Schürhaken, um das Brennholz am Glühen zu halten, schloss die Luke des Herds und wandte sich ihrem Sohn zu. Sie war nie schön gewesen, aber mittlerweile – noch keine dreißig Jahre alt – hatte der Sliwowitz alle Konturen aus einem Gesicht gespült, das einem Schlachtfeld glich. Die Schlacht, die längst verloren war, war jene gegen die Unbarmherzigkeit der Schwerkraft: Backen, Kinn, Tränensäcke – alles strebte nach unten. Dennoch strahlte diese amorphe Gesichtsmasse etwas Brutales aus und das lag an ihren Augen: teilnahmslos, blassblau und stets unter Wasser stehend, nicht aus Rührung, aus Veranlagung. »I hob rinnerte Augen, hat der Doktor gsogt«, verkündete sie nicht ohne Stolz. Augen, die schon zu viel gesehen hatten und mit denen sie jetzt ihren Sohn
mitleidlos taxierte. Als das Kind ihren Blick spürte und den Kopf hob, holte sie aus. Mit dem Handrücken schlug sie zu, der schwere Amethyst ihres Rings krachte auf den rechten Backenknochen des Kindes. In der Sekunde schossen ihm – zu ihrer freudigen Überraschung in vollkommener Synchronizität – Wasser in die Augen und Schleim aus der Nase. Sie atmete schwer auf. In diesem Ächzen lag Hass, der sich wie eine giftige Wolke in der Küche ausbreitete. Der Hass auf ein Kind, das sie nie gewollt hatte. Nicht dieses Kind, nicht von diesem Mann. Es war für sie nur ein mit Geburtsschmerzen teuer bezahltes Geschäft gewesen, ein Unterpfand. Franziska hatte es ihrem Mann abgerungen, weil sie eine Zukunft wollte – und als Eintänzerin hatte sie keine. Das war ihr in seltener Nüchternheit glasklar bewusst geworden. Die Kolleginnen, Damen, die sich in dem Innenstadtcafé erbötig machten, für ein paar Schillinge mit Tanzschülern Foxtrott oder Walzer zu üben, waren hübscher, weltläufiger, gebildeter als sie – und vor allem jünger. So musste sie bald von der Innenstadt ins Vorstadt-Etablissement ausweichen, da waren die Menschen weniger wählerisch. Den Beruf legte sie zusehends freizügig aus. Immer öfter begleitete sie die jungen Herren nach der Tanzstunde in bessere Hotels oder billige Buden. Bis sie ihre Dienste ganz auf das Après verlegte und längst nicht nur Tanzschüler unter ihren Bekanntschaften waren. Sie hatte weder Charme noch Schamgefühl, vor allem hatte sie keine Berührungsängste. Dass sie nie lange zögerte, zuzupacken, war nur scheinbar unüberlegt, tatsächlich ein Wettbewerbsvorteil. So passierten eine ganze Reihe von Betriebsunfällen, die sie mit den gebotenen Instrumentarien jener Zeit zu beheben verstand: Stricknadeln, Stürze im Stiegenhaus, Sprünge von der Leiter. Dass sie mit sich selbst zimperlich umging, konnte ihr keiner vorwerfen. Bis sie den jungen Textildrucker Josef kennenlernte: zu verkorkst, um sich an eine aus seinem eigenen Milieu zu wagen, zu bürgerlich, um ihre Absichten zu durchschauen, zu überhitzt, um ihr zu widerstehen. Das viele Tanzen hatte sich bezahlt gemacht, sie hatte kräftige Beine. Mit denen umklammerte sie Josef, während er auf ihr lag und hielt ihn in sich, als er sich rechtzeitig zurückziehen wollte. Neun Monate später presste sie sein Kind in die Welt, um Tatsachen zu schaffen. Er war ein Ehrenmann, natürlich heiratete er sie. Fast zwei Jahrzehnte später sollte sich Franzi für eine zweite Schwangerschaft entscheiden. Auch dieses Mal kein Kind der Liebe, wieder wollte sie sich das Leben nur ein wenig erleichtern. Jetzt, nachdem sie ihren Sohn Ernst geschlagen hatte, entfuhr ihr ein leises Stöhnen, mehr ein gelöstes Grunzen. Sie hatte – um diese Tageszeit längst nicht mehr nüchtern – eine Idee geboren, von der sie sich ein bisschen Entlastung erwartete, vielleicht sogar ein wenig Spaß. Dann herrschte wieder Stille, bis sich ein weiterer Tropfen aus der feuchten Kleidung löste und fauchend auf dem Herd zerplatzte.
Frau Binal, „Das Leben ist ernst“ lautet der Titel des Romans von Michael Meister und der erinnert an Oscar Wildes „The Importance of being Earnest“, da ist ja auch der Gleichklang von Namen und Adjektiv gemeint. Ist das auch hier der Fall?
Ja, es ist ein Wortspiel, denn einer der Protagonisten heißt Ernst. Das funktioniert im Englischen besser, im Deutschen hat man halt das Problem der Groß- und Kleinschreibung, aber wenn man den Titel in Großbuchstaben schreibt, wie auf dem Cover, dann wird schon deutlich, dass es tatsächlich ein Wortspiel ist.
Wer ist nun dieser Ernst und welche Rolle spielt er im Roman?
Ernst ist ein Schauspieler, ein recht bekannter Schauspieler in Wien, und in der Geschichte geht es um ihn, aber auch um seinen Sohn Jonathan. Denn Ernst verstirbt schon in den 80er Jahren, da ist Jonathan noch recht jung, und er muss jetzt mit dieser Lücke fertigwerden, die der Vater hinterlassen hat. Jonathan ist befreundet mit einem gewissen Sebastian, das ist ein Sohn aus sehr reichem Haus, dort gibt es einen Indoor-Pool und man speist von angeblichem Zaren-Porzellan und so weiter, und Jonathan empfindet es als sehr schmeichelhaft, dass Sebastian mit ihm befreundet sein will. Wobei diese Freundschaft ein etwas zweischneidiges Schwert ist, denn Sebastian und seine anderen Freunde sind ziemlich egozentrisch, sie nehmen jede Menge Drogen, sie trinken unmäßig und sie machen sich oft über Jonathan lustig oder demütigen ihn, etwa indem er einen Frolic-Kringel in einem Wassernapf aufschlecken muss, und Jonathan fragt sich oft selbst, warum er in diesem Schamgefühl badet und wofür er sich eigentlich selbst bestraft. Da haben wir also einen Jugendlichen, der mit sich selbst einen Haufen Probleme hat, die wohl zum Teil durch den frühen Tod des Vaters bedingt sind. Und gleichzeitig erzählt Michael Meister auch Ernsts Geschichte, der wächst im Dritten Reich in ziemlich üblen Verhältnissen auf, bei einem schwächlichen Vater und einer sehr harten Mutter, die sich sogar selbst den Finger abhackt, um im Krieg nicht in eine Rüstungsfabrik zu müssen, und die Ernst keine Liebe entgegenbringt, erst ihr zweites Kind kann sie lieben. Ernst meldet sich wegen seiner Eltern zur Hitlerjugend, mit der er eigentlich gar nichts anfangen kann, er wird zur Wehrmacht eingezogen, landet in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, und später wird er eben Schauspieler, weil das der einzige Beruf ist, den er sich vorstellen kann, aber er ist ein recht komplizierter Charakter, er will unbedingt ernst genommen werden, er kann cholerisch sein, er versinkt oft in Schwermut, dann verliert er nach einer Operation auch noch seine Stimme, für die er berühmt ist, es hieß, er habe die schönste Stimme von Wien, aber nach der Operation wird diese Stimme nie mehr das, was sie war. Und im Grunde kommt er nur auf der Bühne wirklich zu sich, in diesen geborgten Leben, wie es an einer Stelle heißt, die für ihn sicherer Refugien sind, während er im wahren Leben nie so richtig in eine Rolle findet. Und diese beiden Erzählstränge, also die Geschichte von Jonathan und die Geschichte von Ernst, die formen diesen Roman.
Jetzt muss man wissen, dass der Vater von Michael Meister, Ernst Meister, ein bekannter Schauspieler war, der in den 1980er Jahren recht jung gestorben ist. Kann man sagen, dass der Roman biographische Züge hat?
Absolut, ja, das ist tatsächlich ziemlich offensichtlich, jedenfalls wenn es um Ernst Scheiner geht. Da hat Michael Meister seinen eigenen Vater Ernst Meister gewissermaßen porträtiert, er sagt auch selbst, dass es ihm darum ging, Lücken zu füllen. Sein Vater, Ernst Meister, ist auch früh gestorben, da war sein Sohn gerade mal 20 Jahre alt, und im Buch hat er diesem Vater quasi nachgespürt. Ernst Scheiner ist ein ziemlich genaues Abbild von Ernst Meister, bis hin zum Todesdatum, im Roman wird erzählt, dass Ernst Scheiner zwei Tage vor Helmut Qualtinger starb und Ernst Meister ist tatsächlich zwei Tage vor Qualtinger gestorben. Aber der zweite Erzählstrang, der Jonathan-Teil sozusagen, der ist gar nicht biographisch, da hat Michael Meister seine Phantasie spielen lassen. Er hat also Realität und Fiktion vermischt, die Geschichte seines Vaters in eine erfundene Geschichte hineingestrickt und das, finde ich, ist doch ein sehr interessanter Ansatz.
Ein Ansatz, der auch gut umgesetzt ist?
Also erzählerisch ist es wirklich hochinteressant. Denn Michael Meister erzählt nicht linear, nicht chronologisch, sondern er vermischt seine beiden Erzählstränge. Das macht die Lektüre nicht immer ganz einfach, weil die Geschichte nicht nur zwischen Ernst und Jonathan wechselt, sondern auch zeitlich ganz wilde Kapriolen schlägt, mal ist man bei der Beerdigung von Ernst Scheiner, wo Jonathan Sebastian wieder trifft und sich an ihre Freundschaft erinnert, mal ist man in Ernsts Kindheit, dann bei Sebastian und seinen Exzessen, dann bei Ernsts Mutter, dann bei Sebastians Mutter, die auch so ihre Geheimnisse hat, und so weiter. Und das alles wirkt zu Beginn durchaus verwirrend, aber wenn man sich da einliest, dann bekommt das alles so etwas Flirrendes, ja? Was wohl auch an der Sprache liegt, denn Michael Meister hat eine wirklich wunderbare Sprache, sehr eloquent und oft ein bisschen altertümlich, wenn er von einem „flamboyanten Vermieter“ erzählt, oder von „voluptuöser Unschuld“. Da schwingt oft auch so ein gewisser Unernst mit, ein ganz feiner und sehr wienerischer Humor, also sprachlich und stilistisch ist dieser Roman auf einem ganz hohen Niveau unterwegs.
Ihr Fazit?
Also es ist ein Roman, der schon einiges vom Leser fordert, eben wegen dieser sehr originellen Erzählweise. Aber wenn man damit zurechtkommt, dann ergibt sich ein ausgesprochen interessantes Ganzes. Es sind ja ungeheuer viele Geschichten in diesem Buch verborgen sozusagen, da wird erst nach und nach klar, was womit zusammenhängt und warum manche Charaktere so sind wie sie sind, da beweist Michael Meister sehr viel psychologisches Gespür für seine Figuren, seien sie jetzt imaginiert oder nach realen Vorbildern gestaltet. Insgesamt würde ich sagen, es ist ein wirklich gelungenes Buch, sehr geschickt konstruiert, sehr fein gearbeitet und es nimmt einen mit auf eine ganz erstaunliche Reise durch Wien, durch die Vergangenheit, durch die Verwirrungen der Jugend und so weiter – und ich meine, da hat Michael Meister seinem Vater ein wahrhaft würdiges Denkmal gesetzt!
Ex Libris, Ö1, Oktober 2024