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€ 25.00
ISBN 978-3-903460-32-4
ca. 260 Seiten
Mit einem Vorwort von Veronika Franz & Severin Fiala
gebunden, mit Leseband
Erscheint September 2024
Das Glühen im Dunkeln - Wie Filme mir das Leben retteten
In ausgewählten Essays, ursprünglich für den Radiosender FM4 entstanden, zelebriert „Das Glühen im Dunkeln“ das Kino als grelle Kunstform und Katharsis-Kirche. Weder der strenge Arthouse-Kanon von Godard bis Tarkovsky interessiert den Autor noch etablierte Hollywood-Namen wie Spielberg oder Lucas.
Seit dem Jahr 2000 verfasst der Autor Christian Fuchs Filmtexte für den österreichischen Radiosender FM4. Allerdings keine klassischen Kritiken, sondern obsessive Liebeserklärungen an das Kino. Die persönlichsten und leidenschaftlichsten dieser Essays sind nun in einem Buch verpackt, das Spielfilme als grelle Kunstform und Katharsis-Kirche zelebriert. Verbeugungen vor Godzilla und Bruce Lee finden sich ebenso darin wie Auseinandersetzungen mit Arthouse-Werken von Yorgos Lanthimos.
David Lynch und Christopher Nolan sind eigene Kapitel gewidmet, „Avatar“ und der Terminator treffen auf Sofia Coppola und Ulrich Seidl.
Ein Buch für Popkulturfans, Cinephile und Filmfreaks, die nicht in Genregrenzen denken. „Was könnt ich mir heute anschauen?“ – Diese zentrale Frage findet in diesem Buch Antworten.
Christian Fuchs schwärmt über leidenschaftliche Außenseiterfiguren und wahnwitzige Charaktere, liebt Horror, Science Fiction, wüste Rom-Coms und schönen Schund, aber auch ambitionierte Blockbuster von Nolan, Cameron oder Villeneuve. Verstörende und plakative Positionen des Austro-Kinos finden sich ebenfalls in den sehr persönlichen Texten.
THE SUICIDE SQUAD ist eine subversive Sensation (2021)
Hat irgendjemand an SUICIDE SQUAD aus dem Jahr 2016 noch positive Erinnerungen? Mir persönlich fällt nicht eine einzige Szene aus diesem Film ein, über die ich jetzt noch schwärmen könnte. Dabei durfte ich damals, als Pressereisen noch zum Alltag gehörten, sogar der halben Besetzung mit dem Mikrophon gegenübersitzen. All die prominenten Begegnungen, von Jaret Leto über Margot Robbie bis Will Smith, machten aber SUICIDE SQUAD mit seinem aufgeblasenen Plot und den kitschigen CGI-Sequenzen nicht besser für mich. Wohl nur besonders kritiklose Genrefans konnten dieser Comic-Kino-Katastrophe etwas abzugewinnen. Jetzt wird der Film aber endgültig aus dem kollektiven Bewusstsein gelöscht. THE SUICIDE SQUAD heißt das Sequel, das gleichzeitig eine Art Neuanfang ist. Und was für einer.
Wieder muss die amerikanische Regierungsbeamtin Amanda Waller (Diabolisch überzeugend: Viola Davis) ein Team direkt aus der Hölle zusammenstellen. Die gefährlichsten Insassen aus dem berüchtigten Belle-Reve-Gefängnis bekommen einen Spezialbefehl. Wenn sie sich auf eine kollektive Selbstmordmission auf eine südamerikanische Insel begeben – und lebendig zurückkehren –, gibt es Hafterleichterungen und andere Begünstigungen.
THE SUICIDE SQUAD hat die Struktur eines altmodischen Kriegsfilms aus den 60er oder 70er Jahren. Versammelten Streifen wie THE DIRTY DOZEN oder KELLY’S HEROES ein Ensemble aus schießwütigen Hollywood-Raubeinen zum Kampf, schmeißen sich nun die brutalsten und bizarrsten Bösewichte aus dem DC-Universum in die Schlacht. Wer desertieren will, wird mittels eingebautem Sender in die Luft gesprengt. Vom fiktiven Inselstaat Corto Maltese geht nach einem gewalttätigen Putsch Gefahr für die ganze Welt aus. In einem ehemaligen Nazibunker experimentiert ein mutierter Mad Scientist (»Dr. Who« Peter Capaldi) mit einer extrem gefährlichen außerirdischen Lebensform. Die Task Force X, frisch aus der Haft entlassen, soll das Gebäude stürmen und die intergalaktische Geheimwaffe in Alien-Matsch verwandeln.
Mit dabei im südamerikanischen Dschungel sind neben Harley Quinn und Colonel Flag (Joel Kinnaman) aus dem Vorgängerfilm vor allem
unvertraute Gesichter. Idris Elba spielt als verbitterter Waffenspezialist Bloodsport fast die Hauptrolle in dem Riesenteam, der bullige Peacemaker (Wrestlingstar John Cena) erweist sich als patriotischer Massenmörder, die junge Portugiesin Ratcatcher2 (Daniela Melchior) führt ganze Heerscharen von Ratten an. Ach ja, es gibt auch ein kannibalistisches Wiesel und ein Haimonster auf zwei Beinen mit der Stimme von Sylvester Stallone.
Das klingt alles ein wenig exzentrisch und doch wie eine typische Comicverfilmung? Stimmt, aber den Unterschied zu anderen Superhelden-Spektakeln macht der Regisseur. James Gunn hat einerseits eine Vergangenheit als Splatterpunk-Satiriker bei der berüchtigten Billigstfilm-Firma Troma. Und zum anderen drehte er die ungemein erfolgreichen GUARDIANS OF THE GALAXY-Filme. THE SUICIDE SQUAD befreit James Gunn jetzt aus dem engen Korsett des Marvel Cinematic Universe. Mit einem Budget von 175 Millionen Dollar darf er im Auftrag des DC-Konzern seinen kreativen Wahnsinn ungefiltert ausleben.
Das Ergebnis ist eine Sensation. Ein globales Eventmovie, das so irrlichternd und politisch subversiv ist, dass man im IMAX-Saal vor Freude weinen muss. Oder sich am Popcorn verschluckt. Ein Film, der mitten in der Ultrabrutalität Momente der Pop-Poesie findet. Der den zynischen Humor á la DEADPOOL mit kindlich anarchischer Freude am Irrwitz und einem Hauch Melancholie abfedert. Dazu kommen eine entfesselte, atemberaubende Kamera, die besten Spezialeffekte seit GODZILLA VS. KONG und ein mitreißender Soundtrack, der aus dem FM4-House of Pain stammen könnte. Fast schon nebenbei versöhnt James Gunn auch noch die Boomer, GenXer, Millenials und sprechenden Haie miteinander. Und gibt Idris Elba aus dem Serienklassiker THE WIRE endlich mal eine angemessen charismatische Rolle in einem Kinofilm.
Auch toll: James Gunn versteckt inmitten der herumfliegenden Gedärme, spitzenmäßig inszenierten Actionmomente und finsteren Jokes eine echte Botschaft. Wenn der Philosoph Theodor W. Adorno behauptete: »Es gibt kein richtiges Leben im falschen«, dann argumentiert THE SUICIDE SQUAD vehement dagegen. »Es gibt kein richtiges Leben ohne das falsche«, sagt uns James Gunn, bringt die Ambivalenz des Menschseins auf den Punkt – und zeigt den moralischen Fraktionen der Gegenwart den gestreckten Mittelfinger, etwas verklebt von blutigem Schleim.
Am allerschönsten aber: Wir wissen bis zur letzten Minute nicht, wer THE SUICIDE SQUAD halbwegs unbeschädigt durchsteht. Die Unberechenbarkeit dieses Films kommt in der Kommerzdiktatur Hollywood einer echten Revolution nahe.
Stay classy: ANCHORMAN UND TALLADEGA NIGHTS von Will Ferrell und Adam McKay (2007)
Es soll ja noch immer Leute geben, die Will Ferrell nicht als einen der größten lebenden Komiker anbeten. Diese Menschen tun mir leid, weil sie das Licht noch nicht gesehen haben und das köstliche himmlische Manna verweigern. Speziell im deutschsprachigen Raum lassen sich sogar Millionen Menschen lieber von falschen Comedy-Götzen verführen. Das ist ein Trauerspiel.
Natürlich hat dieser Skandal einen Hintergrund. In regelmäßigen Abständen scheitert die lieblose Synchronisation an Komikgöttern wie Mr. Ferrell, Ben Stiller oder Jack Black. Der spezielle Frat-Pack-Humor dieser Herrschaften lebt vom unglaublichen Wortwitz. In der deutschen Übersetzung bleiben oft nur dumpfe Banalitäten übrig. Und das schlägt sich auch negativ auf die Einspielergebnisse nieder. In Wien ergreift nun das Filmmuseum die Initiative. Der zentrale Treffpunkt der Cineasten holt nach, was die heimischen Verleiher verpassen – und bringt die zwei vielleicht genialsten Klamaukstreifen mit Will Ferrell auf die Leinwand, die übrigens beide die US-Kinocharts anführten.
»Ich liebe Charaktere, die sich frech, eitel und aufdringlich geben und damit ihre völlige Unsicherheit kaschieren«, sagt Ferrell. In ANCHORMAN – THE STORY OF RON BURGUNDY (2004) brilliert er als schnauzbärtiges Testosteron-Monstrum, halb Nachrichtensprecher, halb Sexmaniac. Im San Diego der siebziger Jahre regiert Ron Burgundy die lokalen Newsquoten. Als sich eine weibliche Konkurrentin bei seinem Sender bewirbt, ist Burgundy in seiner Macho-Ehre gekränkt.
Einen Alphamann spielt Will Ferrell auch in TALLADEGA NIGHTS – THE BALLAD OF RICKY BOBBY aus dem Jahr 2006. Als rennfahrender Redneck mit Hormonstau symbolisiert er den American Dream von seiner windschiefen Seite. Hier kommt die Nemesis in Gestalt eines französischen Formel-Eins-Piloten daher, den Sacha Baron Cohen formidabler verkörpert als alle Borats und Brunos zusammen.
Amerikanische Mythen und die dazugehörigen Männlichkeitsideale stehen im Mittelpunkt der besten Ferrell-Filme. Mit unzähligen sarkastischen Gags demontiert der Saturday-Night-Life-Veteran lautstarke Angeber und protzige Poseure. Gleichzeitig, und das ist der entscheidende Punkt, sind diese Filme frei von menschenverachtender Zynik. Ferrell und sein Stammregisseur Adam McKay scheinen tief drinnen ein Herz für ihre verkorksten Anti-Helden zu haben. Bei aller Lächerlichkeit bewahren Figuren wie Ron Burgundy und Ricky Bobby noch einen Hauch ihrer Würde und dürfen sogar einen Prozess der Läuterung durchmachen.
Was soll man noch sagen? Der große Judd Apatow hat produziert, es spielen wunderbare Menschen wie Paul Rudd, Steve Carrell, Christina Applegate oder John C. Reilly mit. ANCHORMAN und TALLADEGA NIGHTS, das sind Comedymeisterwerke, die den Abend retten können, den trüben Herbst vergessen lassen, deine Seele streicheln.
Schönes Schaudern: Erinnerungen an wohligen Kindheitsgrusel (2013)
Könnt ihr euch noch an eure allerersten filmischen Schocks erinnern? Ich für meinen Teil werde diese Momente nie vergessen, auch wenn ganz viele andere Erlebnisse aus meiner frühesten Kindheit schon gänzlich verblasst sind.
Meine Ersterfahrung in Sachen Horror muss wohl vor dem Kindergartenalter gewesen sein. Abendliches Fernsehen war da noch strengstens tabu, allerdings erhaschte ich immer wieder Blicke auf den leuchtenden Bildschirm. Irgendwann, als ich meiner mich gerade wegschiebenden Mutter über die Schulter schielte, sah ich es. Im Dunkeln des Wohnzimmers blitzte ein Gesicht auf, eine weiße Fratze, ein Kerl, der seine spitzen Zähne langsam zu einem Grinsen entblößte. Da meine Eltern aus Prinzip keine Horrorfilme oder überhaupt irgend etwas Fantastisches anschauten, könnte das geheimnisvolle Antlitz auch aus einer käsigen Vampir-Parodie gestammt haben. Als Winzling konnte ich das klarerweise nicht dechiffrieren, ordnete es gefühlsmäßig den schaurigen Märchenwelten der Brüder Grimm zu, aber es hat sich jedenfalls eingebrannt, dieses Gesicht.
Sehr wohl auf die Spur kam ich einer anderen TV-Erfahrung, die ich in jüngsten Jahren aufgeschnappt hatte. Ein düsteres Haus verfolgte mich eine Weile selbst in meinen Tagträumen, umwunden von Efeuranken, zu dessen furchterregenden Bewohnern auch eine herumkrabbelnde Hand gehörte. Mit einem gelassenen Schmunzeln konnte die düstere Kindheitsfantasie später als THE ADDAMS FAMILY entlarvt werden, die alte US-Serie, deren Comedyfaktor mir als zirka Fünfjährigem völlig entgangen war.
Die eigentliche, die zentrale Initation erfolgte dann, als ich immerhin schon eine viel zu große Schultasche auf dem Rücken tragen durfte, aber vom Erwachsenen-Fernsehen noch ferngehalten wurde. Praktischerweise wiederholte der ORF damals, in der Steinzeit der zwei TV-Programme, manches sinistre Gustostückerl aus dem Nachtprogramm am Vormittag. Das Glück wollte es, das eine leichte Angina meinerseits mit THE THING FROM ANOTHER WORLD korrelierte, dem Gänsehautklassiker aus den frühen Fünfzigern, den John Carpenter später kongenial neu verfilmte. Auch perfekt: Meine Mutter ließ mich auf der Wohnzimmercouch liegen und war beruflich viel zu beschäftigt, um öfter nach dem kleinen Patienten zu schauen. Komplett gebannt kniete ich also alleine vor dem alten Schwarzweiß-Fernseher. Bis zu der Szene, in der eine Gruppe von Wissenschaftlern in einer einsamen Arktis-Forschungsstation sich auf die Suche nach dem außerirdischen Eindringling macht. Gänge durchforstet. Tür für Tür öffnet. Und dann ist es für einen Augenblick im Bild, das unfassbare Grauen. Der entsetzlichste Schrecken. Das Ding aus einer anderen Welt.
Etliche Jahre später lief der Film wieder, der das lustvollste Urtrauma meinerseits verursacht hatte, in irgendeinem Kabelkanal. Kopfschüttelnd blickte ich auf Make-up und Kostümierung des Aliens, dessen trashiger Look wie eine Rumpelkammerversion von Frankensteins Monster wirkte. Viel davon hatte ich seinerzeit nicht gesehen, denn in dem Augenblick, in dem das Wesen im Türrahmen auftauchte, flüchtete ich panisch auf den Balkon. Und blieb dort zitternd, bis mich meine Mutter wieder reinholte. Es war wunderbar.
Ohne es in irgendeiner Form analysieren zu können, spürte ich als Kind nach diesem einmaligen Schock die fundamentalste Wahrheit in Zusammenhang mit dem Medium Film: alles nur herrlichster Hokuspokus. Kein Außerirdischer verfolgte mich auf den Balkon, dort lauerte nur die winterliche Kälte. Im Gegensatz zur feindlichen Realwelt und ihren Schrecken in Form von diabolischen Lehrern, aggressiven Mitschülern, zermürbenden Turnstunden oder bissigen Hunden konnte einem vor dem Fernseher oder im Kino nichts passieren.
Ein Schalter legte sich in mir um, ausgelöst auch von kleinen Ankündigungsfotos in TV-Zeitschriften oder den knalligen Aushangbildern vor dem lokalen Provinzkino. Fiebrig versuchte ich wieder etwas von dem schönen Schauer zu erfassen, mich auf die Achterbahnfahrt des Horrors zu begeben. Die letzte halbe Stunde von THE BRIDE OF FRANKENSTEIN erwischte ich zufällig im TV, ein Augenblick, der einem religiösen Erweckungserlebnis glich. Boris Karloff verfolgte mich in meine süßen Albträume, ließ mich nicht los; hätte es schon Videotheken oder das Internet gegeben, alle infantilen Sicherungen wären freudig durchgebrannt.
Gestillt wurde der Hunger nach dem Horror einerseits im Kino, in den damaligen Kinder- und Jugendvorstellungen. Godzilla und all seine mutierten Monsterfreunde trampelten immer wieder über japanische Großstädte, dazwischen humpelte eine gigantische Frankenstein-Version aus Nippon über die Leinwand oder ein mottenzerfressener King Kong der Toho Studios. Die Vorstellung von kleinen japanischen Männern, die in monströsen Gummianzügen liebevolle Pappkulissen zerstören, lässt noch heute mein Herz hüpfen.
Andererseits explodierte die Vorfreude bei gewissen Fernseh-Ankündigungen und die Euphorie hielt wochenlang an. Als der berühmte DRACULA der Hammerstudios ausgestrahlt wurde, wühlte das sogar meine filmisch eher ignoranten Kollegen in der Unterstufe auf. Den Tag danach, als jeder von dem Pflock im Körper des Blutsaugers redete, werde ich nie vergessen. Christopher Lee und Peter Cushing begannen meine elfjährige Psyche genauso zu vereinnahmen wie zuvor Boris Karloff und die Universal-Monster. Dazwischen mischte sich die deutsche Edgar-Wallace-Reihe und die flackernden Augen des Klaus Kinski.
Der wahre Terror ging aber noch viel öfter von jenen Durchschnittsbürgern aus, die all die Psychothriller bevölkerten, die der ORF in Samstagsnächten zeigte. WHAT EVER HAPPENED TO BABY JANE?, DEAD OF NIGHT, BUNNY LAKE IS MISSING jagten mir tatsächliche Angst ein, der ungefilterte Stoff von Alfred Hitchcock himself gab mir, während meine Eltern ihre Bekannten besuchten, den Rest. Ich wollte trotzdem mehr von dieser gefahrlosen Konfrontation mit der Gefahr, mehr Vampire, die im Dunkeln durch Studiokulissen huschen, mehr Monster, die tragische Tränen weinen, mehr sprechende Puppen, unschuldige tuckernde Spieluhren, blinde Verdächtige in Rollstühlen, aufgelöste Frauen, die durch dunkle Gassen hetzen, mehr Grusel, mehr Horror.
Der Übergang zu einer anderen Art des filmischen Terrors erfolgte dann mit knapp zwölf. Dank familiärer Beziehungen und großem Vertrauen meiner Eltern in meine filmanalytische Persönlichkeit durfte ich mich öfter in Vorstellungen mit dem Stigma »Jugendverbot« schmuggeln. Neben all den Italowestern, Kung-Fu-Spektakeln und Action-Thrillern lockten auch diverse Horrorschocker – und schreckten gleichzeitig ab. Ein obskurer Tierschocker namens SQUIRM (1976) wurde zur Mutprobe, nachdem der weiße Hai schon diverse Adriaurlaube in der Fantasie bedroht hatte. Der billige Exploitationfilm, der in einer Gewitternacht spielt, in der Stromstöße die hungrigen Würmer in einer Kleinstadt aus der Erde locken, toppte alles bisher Gesehene. Ich rutschte aus der ersten Stammreihe weit nach hinten im Kinosaal, vergaß auf die Sportgummi-Diät, war paralysiert. Ganz offensichtlich, das wurde mir auch beim Wiedersehen eine Dekade danach klar, hatte man weite Teile von SQUIRM aus Kostengründen mit echten Viechern gedreht. Sehr vielen davon.
Unvergessen der Heimweg, bei dem ich mich nach glitschigen, fleischfressenden Würmern umsah, auch die folgende Nacht, als ich in die Decke eingewickelt wachgelegen bin. Eine seelische Tortur – und ich wollte unbedingt mit anderen Filmen diese Erfahrung wiederholen. Das blutige Splatterkino mit seinen expliziten Schocks war nicht mehr so fern. Aber das ist eine andere Geschichte.