Mit einem Vorwort von Fred Heller und einem Nachwort von Reinhard Andress
211 Seiten, Hardcover

€ 22.90

ISBN 978-3-90295-074-1

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Fred Heller

Das Leben beginnt noch einmal

Schicksale der Emigration

Fred Hellers Ehrenbuch der Emigration mit 48 wahren Geschichten. Heller, der vor den Nazis nach Montevideo flüchtete, setzte mit diesem Buch den unbekannten Flüchtlingen ein literarisches Denkmal – dieses erfährt nun seine wohlverdiente Neuauflage.

Fred Heller emigrierte 1939 nach Montevideo, auf der Fahrt dorthin erlebte er unzählige erinnerungswürdige Geschichten, die er zu Papier brachte. Sie erschienen 1945 in einem argentinischen Verlag.
Max Brod sagte über das Buch: „Da spürt man, wie einem der Wind des Lebens um die Nase weht, es ist oft ein sehr rauher Wind – aber gerade deshalb ist die Zärtlichkeit und Zartheit so wohltuend, die sich sofort an den windgeschützten Stellen etabliert. Das sind kleine charakteristische Meisterwerke.“
Und auch im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts führen vielerorts unhaltbare Gesellschaftsumstände zur Emigration, jüngst unter anderen Vorzeichen vom Mittelosten und von Nordafrika nach Europa. Hellers Absichten mit Das Leben beginnt noch einmal bleiben bemerkenswert relevant.

Das Schiff aus Europa legte an. Auf Deck standen viele hunderte Menschen, auf dem Quai des Hafens nicht weniger. Die oben und die unten gehörten zusammen, alle die Verwandten und Befreundeten, die vor einigen Wochen noch durch einen Ozean getrennt waren, an dessen einer Küste Krieg und Zwang, an dessen anderer Frieden und Freiheit herrschen. Sie hatten ganz andere Gesichter, die dort oben auf dem Schiffsdeck, nicht im Schnitt, nicht in der Farbe – aber in diesen Augen, die jetzt herunterblickten, lag ein ungewisses Dunkel vieler Schatten. Sie standen starr dort oben und schauten, ohne sich satt zu sehen an dem Bild des Hafens voll wartender menschen. Erwartet werden – das berauschte sie, ob nun hier oder im nächsten Hafen; der Begriff, das Gefühl an sich: die Wartenden gehören zu den Kommenden, die Sehnsucht begegnet irgendwo nicht Gleichgültigkeit, sondern Erwartung – das versöhnt mit vielem Leid.
Wenige haben den Hafen von Montevideo zum Ziel gehabt, alle anderen sollten noch eine ganze Nacht lang weiterfahren. Zwei Menschen unter diesen suchte ich. Ich hatte einen Brief an Bord geschickt, die alten Freunde zu begrüßen, sie für die paar Stunden ihres Aufenthalts zu mir ins Haus zu laden.
Viele hunderte Gesichter überschaute mein suchender Blick – da, dort oben auf einer schmalen Treppe winkte jemand mit einem weißen Briefumschlag: er konnte es sein, mein Brief, mein Bekannter … Ich winkte zurück, ich sah ihn die Treppe herabsteigen, unter den hunderten verschwinden, und erwartete ihn an der Landungstreppe. Drei Jahre hatten wir uns nicht gesprochen; was alles werden wir uns zu sagen haben!
Ich wartete. Er kam nicht. Ich wanderte, so weit es erlaubt war, das Schiff entlang … und plötzlich hörte ich meinen Namen rufen. Durch eine Luke des Zwischendeck, Bullauge nennt man das wohl, so eng, daß es kaum ein Gesicht umrahmt, hatte sich ein Kopf durchgezwängt und ein Arm. Rufen und Winken galten mir.
Und dann sprachen wir über den Abgrund von Schiffsbord und Hafenkai hinweg. Sprachen wir? Abgerissene Sätze riefen wir einander zu, aus denen noch der Wind manches Wort verwehte, und der Lärm des Hafentreibens ratterte und polterte dazwischen.
(Aus der Geschichte: Gespräch durch die Schiffsluke)

Der Milena Verlag hat das brilliante, 1945 in Argentinien erstmals erscheinene Werk, das so stark in die Gegenwart hallt, nun wieder aufgelegt
Steirer Krone, Christoph Hartner

er (Fred Heller) hat uns ein eindringliches Buch hinterlassen.
Deutschlandradio Kultur, Günther Wessel

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