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160 S., gebunden, mit zahlreichen Abbildungen
€ 17.90
ISBN 978-3-85286-183-8
Die Geschichte von Hans und Hedi dokumentiert die erschütternden Ausmaße der nationalsozialistischen Terrorjustiz am Beispiel des Lebens und Sterbens des Ehepaars Schneider.
Der arbeitslose Malergehilfe Hans und die Hausgehilfin Hedi leben ein sehr einfaches Leben in der Erwerbslosensiedlung Leopoldau. Sie züchten Hasen, halten Hühner, pflegen ihre Obstbäume und das selbst gezogene Gemüse, um über die Runden zu kommen.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Hans zur Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik im Harz verpflichtet und ein Jahr später aufgrund seiner schweren Vergiftungserscheinungen wieder nach Wien zurückgeschickt. Kaum angekommen, wird dem Ehepaar eine Bagatelle zum Verhängnis: Eine kaputte Abziehmaschine, die für widerständige KommunistInnen in ihrem Gartenhäuschen untergestellt war, kostet ihnen beiden das Leben.
Wolfgang Fritz gelingt es, die Lebensgeschichte des Ehepaars Schneider in den großen politischen und historischen Kontext einzuordnen und somit einen wichtigen und eindringlichen Beitrag in der Erinnerungsarbeit vorzulegen. Menschen, die sich abseits des politisch organisierten Widerstands gegen den Nationalsozialismus stellten, werden in der Erinnerungsarbeit oft ausgespart. Die mikrogeschichtliche Aufarbeitung des Schicksals Einzelner trägt dazu bei, die Grausamkeit dieses dunklen Kapitels der österreichischen Vergangenheit niemals zu vergessen.
Die Geschichte von Hans und Hedi besticht durch die Einfachheit des Lebens eines jungen und glücklosen Ehepaars und durch die sorgfältige und detaillierte Aufbereitung zahlreicher Quellen: Gespräche des Autors mit Hedi Schneiders Schwester Cilli Plaininger, Briefe und Kassibertexte von Hans und Hedi aus der letzten Zeit ihrer Inhaftierung. Mittels zahlreicher Abbildungen und Dokumente werden Hans und Hedi Schneider lebendig.
„Liebe Cilli,
wegen meinem Urteil dürft ihr euch keine falschen Hoffnungen machen, bitte sagt Hederl, sie soll ja nicht versuchen, irgendetwas auf sich zu nehmen, denn es werden nur die schwersten Strafen verhängt. Sage Hederl nochmals, sie wüsste nur, dass der Apparat bei uns eingestellt war (…). Sage Hederl, ich glaube, dass wir bald wieder in Freiheit sein werden, das kommende Weihnachtsfest feiern wir auf jeden Fall draußen. Wenn ihr wieder am 12.IX. auf Besuch kommt, bitte viele Neuigkeiten mitbringen, aber nur Tatsachen, gehen doch so viele Gerüchte um. Wünsche unserem Lintscherl zu ihrer schweren Stunde alles Gute, und auch ihr, meine Lieben, sowie alle, alle Verwandte, seid aufs Innigste gegrüßt und geküsst von Eurem Hansl.“
Der Historiker und Schriftsteller Wolfgang Fritz legt mit «Die Geschichte von Hans und Hedi – Chronik zweier Hinrichtungen» ein impressives, berührendes Dokument vor, das nicht nur trocken gar nicht so weit zurückliegende Vorkommnisse politischen Verbrechertums aufzeigt, sondern, trotz reduziertem Bericht- und Erzählstil, eindringlich Lebens- und Schicksalssituationen darlegt, die die Tragik nahebringen. […]. Man kann sich kaum vorstellen, weshalb ein Regime so reagiert und handelt. Deshalb ist der nüchterne Ton und die Erzählweise des Autors zu loben, weil sie themengerecht einen Stoff vermittelt, der sonst kaum oder nur oberflächlich zur Kenntnis genommen würde. Ein empfehlenswertes Buch, gerade heute, wo Geschichtsklitterer und Verniedlicher wieder am Werk sind.
Kulur-Online, 11.06.2010, geschrieben von Haimo L. Handl